Freitag, 7. Oktober 2011

Taxidermia - Ein trauriges Märchen über das Kotzen

© I-On New Media
Gut geht es einem nach dem Film nicht, so viel kann ich schon mal sagen.
Was ist er aber nun: Schrott oder Kunst? Eines vorweg: eine einfache Antwort kann man darauf nicht geben - vermutlich kann man auch gar keine Antwort geben.

Der folgende Text enthält SPOILER

Der Film hat künstlerischen Wert, das halte ich für unstrittig.
Es sind Kleinigkeiten, die die Qualität zeigen:
  1. Wie „Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern“-Märchen "real" wird. 
  2. Die Fische, die neben dem Boot, auf dem das Kaviarwettessen stattfindet, schwimmen & springen.
  3. Der kleine Schweißtropfen von Gizi, den Kalman in den Mund laufen lässt
Diese Zwischentöne sind Poesie. Diese wird aber in zerschmetternder Art und Weise umgehend aufgelöst:

zu 1.: Das kleine Mädchen aus dem Andersen Märchen dient dem onaniesüchtigen Morosgovanyi nur als, knallhart gesagt, Wi***vorlage.
zu 2.: Die Zwischenszene mit den Fischen unterbricht nur den "Sport" des Paares, das abartige Fressen von Rogen - mit Magenentleerung durch Erbrechen.
zu 3.: Auch wenn Kalman Gizi heiratet, bringt ihm das kein Glück: noch am Hochzeitstag lässt sie sich von seinem Fresssportkonkurrenten auf offenem Felde vernaschen und auch die Zukunft bringt nichts Schönes mehr.

Die explizite Darstellung sämtlicher primärer wie auch sekundärer Geschlechtsmerkmale und deren Einsatz mag manchmal irritierend, abschreckend aber auch ekelig sein (so z.B. der Akt zwischen Morosgovanyi und der Frau des Hauptmanns, der tiefe Einblicke zulässt), für eine provokante Groteske ist dies aber nicht zwingend falsch, soll doch bewusst überzeichnet werden.

Was das Thema des Films angeht, ist hier durch die ausgeprägte Symbolik Interpretationsgabe erforderlich:
Was deutlich zu Tage tritt ist jedoch das Verlangen nach Nähe und Zweisamkeit. Andere Muster, die der Film in sich trägt oder tragen könnte, sind aber subjektiver Natur und hinterlassen bei jedem oder zumindest den meisten Rezipienten einen anderen Eindruck.

So fällt dann auch mein Fazit aus: Ob das Gesamtwerk Schrott oder Kunst darstellt, ist in diesem Falle äußerst subjektiv, weit mehr als bei vielen, vielen anderen Filmen.
Nur denke ich, dass man dem Film unrecht tut, reduziert man ihn auf Penisse, Fotzen, Kotzen, Fressen und Ficken (ich entschuldige mich für die direkte Wortwahl, finde sie hier aber angebracht, da der Film ja auch nichts beschönigt; "..die Fotze ist immer der gemeinsame Nenner").
Er ist mehr als die Aneinanderreihung von Brechreizerzeugern, hat er z.B. doch Momente, die zumindest tragsich-komisch sind und auch anrührende Passagen.

Irgendwo ist dieses Werk ein Schlag in die Eingeweide, von dem sich manch einer u.U. schwerlich erholen kann. Spannt man aber die Bauchmuskulatur an, kann so ein Schlag auch Training sein und einem etwas bringen. Hier muss jeder selbst entscheiden - oder es gleich bleiben lassen.

8 von 10 Punkten

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