Donnerstag, 6. Oktober 2011

The Last House on the Left - Ein Remake, das sich lohnt

© Universal/Rogue Pictures
Was habe ich zur 2009er-Version von The Last House on the Left zu sagen? Schwierig, weil man vorsichtig sein muss:
  • Müssen die expliziten Szenen sein?
  • Wie ist es um die Moral und die Ethik bestellt?
  • Wie ist die Aussage des Films zu verstehen?
Ich versuche es analytisch anzugehen...(im folgenden Text kommen SPOILER vor)
Als erstes kommt einem natürlich die Vergewaltigungsszene in den Sinn. Die war für mich kaum zu ertragen, weil absolut grauenhaft. Nichtsdestotrotz bin ich der Meinung, dass eine Andeutung nicht gereicht hätte. Durch den sadistischen Vorlauf wird beim Zuseher eine Ethik-Barriere geöffnet, die liberale Sicht auf Menschenrechte wird gelockert. Im Grunde ein Dilemma, gehören diese Rechte doch zu den größten Errungenschaften, erfahren durch Extremerfahrungen jedoch eine Aufweichung. Anders gesagt: solange man nicht betroffen ist, tritt man auch für eine menschenwürdige Behandlung von Verbrechern ein. Wird man aber, direkt oder indirekt, Opfer, ist diese Haltung kaum aufrechtzuerhalten. Durch die Vergewaltigungsszene wird der Zuschauer Zeuge eines Greueltat, die Radikalität der Situation macht ihn betroffen und weckt Empathie - Empathie für das Mädchen und für die Eltern. Man ist mittendrin im Geschehen.

Daran anschließend sind die wenig zimperlichen Methoden, mit denen den Verbrechern der Garaus gemacht wird. Eines muss klar sein: juristisch und auch moralisch-ethisch ist zumindest der erste Totschlag, den die Eltern begehen, nicht zu kritisieren, denn es ist Notwehr. Man kann darüber diskutieren, ob man ihm den Schädel einschlagen muss, da der Kriminelle kampfunfähig war. Und ob dies so deutlich gezeigt werden muss, darüber kann man auch reden. Aber hier komme ich wieder auf die gefallene Barriere zurück: insgeheim ist der Zuschauer schon lange von seine Grundsätzen abgerückt und hat jegliches Verständnis für die Situation der Eltern.

Ich spreche jetzt für mich (glaube aber, dass viele nicht anders denken): würde meiner Tochter so etwas angetan werden, hätte ich noch ganz andere Methoden auf Lager, die ich anwenden würde. Ich gebe zu, das macht mich nicht zu einem "guten" (was immer das auch bedeuten mag) Menschen, aber das Gefühl der absoluten Hilflosigkeit und die Überforderung mit der Situation würde auch bei mir vermutlich dazu führen, Grundsätze über Bord zu werfen. Kann man Eltern einen Vorwurf machen, wenn sie den oder die Peiniger des eigenen Kindes alttestamentarisch belangen wollen? Ich lasse diese Frage im Raum stehen...

Ich komme jetzt nochmal auf die, wenn man so will, Splatterszenen zu sprechen: die teilweise schon heftige Darstellung kann man kritisieren, ich empfinde sie als entlarvendes Element. Insgeheim freut man sich sogar ein wenig, dass die Gangster einen solch schmerzhaften Tod erleiden müssen. Genau diese Freude darüber führt (oder kann dazu führen) beim "normalen" Menschen zu einem Konflikt zwischen, wie schon vorher angedeutet, Grundhaltung und Verständnis, was in letzter Konsequenz einen Denkprozess anstoßen sollte. Ob man es allerdings so auf die Spitze treiben muss, wie es durch die letzte Szene geschieht, da bin ich mir auch nicht sicher. Der Schluss wirkt, als ob man mit einem Knalleffekt enden wollte, der so gar nicht in den Film passt.

Zum Ende meiner Auführungen möchte ich noch die Aussage des Films besprechen:
DIE Aussage gibt es nicht. Der Film zeigt vielmehr eine Extremsituation mit dazugehöriger Handlung. Der Zuseher wird involviert und muss seine eigenen Ansichten überprüfen. Ein Gefühl der Empathie und des Verständnisses für die Taten der Eltern wird er dabei nicht leugnen können.
In all seiner Brutalität zeigt The Last House on the Left also die grundsätzliche Kluft zwischen moralisch-ethischem Anspruch und der unvermittelt hereinbrechenden Wirklichkeit.

8,5 von 10 Punkten

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