Montag, 10. Oktober 2011

Marquis de Sade - Mehr ist meist mehr

© Hamburger Medien Haus
Rudimentär wird beinahe jeder das Leben des populären Marquis kennen: Dauergeil, gerne mal ausschweifende Orgien feiernd, dann und wann aber auch im Knast, vor allem jedoch mit einer flotten Feder gesegnet. Das war nun einerseits ein ordentlich flacher Witz, andererseits doch völlig ernst gemeint, denn der Marquis de Sade hatte tatsächlich die Gabe, sehr gut schreiben zu können. Und er hat uns mit dem ein oder anderen Werk beglückt, das noch heute Menschen, die die Moral für sich gepachtet haben, die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und nach Zensur schreien lässt. Nicht erst seit Pasolinis Verfilmung von Die 120 Tage von Sodom weiß der geneigte Rezipient, dass es der Marquis direkt mochte.

Dass hinter dem bunten Treiben ein heller Kopf mit allerhand fortschrittlichem Denken befand, wird manchem erst recht spät, anderen nie klar. Und so recht gewinnt man nicht den Eindruck, dass Gwyneth Gibby, die 1996 Marquis de Sade verwirklichte, das verstanden hat. Dieser semi-biographische Film versucht zwar, dem lüsternen Adligen einen gebildeten und bedeutsamen Anstrich zu verpassen, heraus kommt jedoch eher das Bild eines Pseudo-Philosophen. Nick Mancuso hat zu keinem Zeitpunkt die Ausstrahlung, die eines intelligenten Marquis würdig wäre, sondern wirkt eher wie ein verstoßenes Mitglied der Village People. Zu allem Überfluss hat Gwyneth Gibby nicht nur mit Nick Mancuso in die Schüssel gegriffen, sondern auch was die Story angeht. Als Regisseurin liegt es in ihrer Verantwortung, das Drehbuch angemessen zu bewerten und dementsprechend zu verfilmen. Der Mischmasch aus de Sades Biographie und Fiktion, die offenbar an manchen Werken des Mannes mit dem Hang zur Dekadenz angelehnt wurde, erweist sich als wenig sinnvoll und nicht zielführend. Dass sich letztlich eine Art Krimi entwickelt erhöht zwar die Aufmerksamkeit des Zuschauers, ist gleichzeitig jedoch auch ein Beweis dafür, dass offenbar selber nicht so recht klar war, was aus dem Stoff gemacht werden sollte.

Uneinheitlich zusammengefriemelt, aber, es soll nicht verschwiegen werden, mit durchaus sinnlichen Szenen, kann sich Marquis de Sade letztlich nicht einmal im durchschnittlichen Bereich ansiedeln. Man muss jedoch auch Fairness walten lassen, und dem Film bei allen Schwächen eine gewisse Kurzweil zugestehen. Dennoch bietet das Leben de Sades mehr, als in dieser relativ plumpen Umsetzung gezeigt wird.

4,5 von 10 Punkten

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